Kiev 60 TTL Lomoherz
Kiev 60 TTL

Das Tier unter den Mittelformatkameras!

Sie kam 1984 nach der Pentacon TL Six heraus und dass sie jener Kamera nachempfunden wurde, ist nicht zu übersehen. Eine komplette Kopie ist sie zwar nicht, galt zu ihrer Blütezeit aber als preisgünstigstes Modell in dieser Liga. Benannt wurden die Kievs nach dem ukrainischen Produktionsstandort, in dem die Fabrik Arsenal bis 2010 tätig war. Sie war 245 Jahre lang im Betrieb.

Die Kiev 60 benutze ich am liebsten als Portrait-Kamera. Mit dem Standard-Objektiv zaubert sie einen sehr schönen Bokeh-Effekt, der wiederum dem Modell eine tolle Bühne und viel Entfaltungsspielraum bietet. Ich mag einfach die Details und Wirkung, die sie hervorbringt. Die Abstufungen im Schwarzweiß-Bereich sind grandios.

Oft kommt die Kiev 60 gleich mit zwei Suchern daher: einem klassischen Lichtschacht-Sucher, bei dem man von oben hineinschaut und einem Prisma-Sucher (den wir von anderen Kameras kennen) mit eingebautem Lichtmesser.
Wenn man sich irgendwann entscheiden muss, wie man shooten will, deuten alle Vorzüge auf den Prisma-Sucher – die Belichtungshilfe, die Bedienelemente, die eher für ein Prisma ausgelegt sind, und das ‚gerade‘ Bild, denn im Lichtschacht sieht man die Bilder seitenverkehrt, woran man sich erstmal gewöhnen muss. Aber ich liebe einfach die direkte Arbeit mit der Mattscheibe und bevorzuge definitiv den Lichtschacht-Sucher. Alle Bilder aus der Kalenner Deern Serie wurden damit aufgenommen. Schaue ich von oben in den Lichtschacht, kann ich das Bild viel besser aufbauen, habe alles im Blick, alle Tiefen und Kanten …

Jetzt wünsche ich euch erstmal viel Vergnügen mit dem Kamera Review. Vergesst nicht, dass jeder Infokasten mit 3-4 Tabs ausgestattet ist, zwischen denen ihr hin und her schalten könnt und hinter denen sich alle möglichen Informationen verstecken 😉

Киев 60

Arsenal

ca. 2 kg

17 cm x 13 cm

schwarz-silber

Ausstattung

Das Standard-Objektiv ist das Arsenal Volna-3 MC (ВОЛНА) mit einer Brennweite von 80 mm.

Blenden: f/2.8 – f/22, Fokus: 0.6-10 m bis unendlich

Die Kiev 60 hat ein P6-Bajonett, sodass auch die Pentcaon Six Objektive passen. Es gibt weitere Objektive für die Kiev mit Brennweiten zwischen 30 mm und 1.000 mm.

Tuchverschluss: 1/2-1/1.000 und Langzeitbelichtung

Es gibt einen internen batteriebetriebenen Belichtungsmesser wenn ihr mit aufgesetztem Prisma-Sucher fotografiert.

Verwendet ihr den Lichtschacht-Sucher, müsst ihr Blende und Zeit selbst bestimmen oder einen externen Belichtungsmesser mitnehmen.

Soweit mir bekannt ist gibt es Standard-Accessoires für die Kiev 60: Blitzschuh, (Doppel-)Drahtauslöser, verschiedene Filter zum Aufstecken, Makro-Ringe.

Den extra Sucher (ihr könnt zwischen Lichtschacht- und Prisma-Sucher wählen) könnte man allerdings ebenfalls als Accessoire zählen. Ursprünglich wurde die Kiev 60 nur mit dem Lichtschacht-Sucher, also ohne Prisma TTL ausgeliefert.

Eine Besonderheit im Accessoire-Bereich ist der Makrobalgen, den man der Kiev aufstecken kann. Müsst ihr mal eingeben – damit sieht diese mächtige Kamera nämlich noch mächtiger aus 😉

Gut zu wissen

Die Kiev 60 ist eine klassische Mittelformatkamera, die Bilder haben ein Format von 6 x 6. Das heißt, mit den herkömmlichen Kleinbildfilmen (35er Format), die ihr aus Drogeriemärkten kennt, kommt ihr hier nicht weit.

Ihr braucht Rollfilme im Mittelformat (Beispiele hier).
Ihr erkennt sie an der Aufschrift „120“ und daran, dass die Rollen länger und dünner als Kleinbildfilme sind. Mittelformatfilme gibt es als Negativ- und als Diafilme.
Nicht selten produzieren Filmhersteller wie Kodak oder Fuji eine bestimmte Sorte Film sowohl im Kleinbild- als auch im Mittelformat.

Auf meiner Film-Seite seht ihr ein paar Beispiele. 

Hier habe ich euch eine Übersicht zusammengestellt, welche Labore Mittelformat entwickeln.  Auch mit Hinblick auf Preisklasse und Qualität.

Und ja, ihr könnt eure Mittelformat-Filme auch im Drogeriemarkt abgeben, was ich allerdings nur für Testfilme oder Selbst-Scannende empfehlen würde. Beachtet bitte, dass Drogeriemärkte Mittelformat i.d.R. nicht oder nur sehr teuer scannen können. Ich schicke meine Rollfilme i.d.R. in professionelle Labore. 

Die Produktion der Kievs wurde 2010 leider eingestellt. Auf Flohmärkten habe ich sie bisher zwar noch nie gesehen, aber im Internet habt ihr gute Chancen, eine gebrauchte Kiev 60 zu ergattern.

In den Online-Gebrauchtbörsen wird sie je nach Zubehör und Objektiv zwischen 100 € und 250 € gehandelt.

Persönlich

… das Film-Einlegen bei dieser Kamera,

… die Schwere, die sie ungemein wichtig aussehen lässt,

… dass man zwischen Lichtschacht- und Prisma-Sucher wählen kann,

… ihren Look auf den Bildern mit diesen vielen Details, den ich digital niemals nachahmen könnte,

… wie einfach diese Kamera zu handhaben ist,

… und die große helle Mattscheibe.

Das einzige, was ich an dieser Kamera nicht mag, sind die gelegentlichen Bildüberlappungen. Nach meiner Recherche liegt das wahrscheinlich daran, dass das Papier der Mittelformatfilme heutzutage dünner ist. Das lässt den Filmtransport schlimmstenfalls etwas schludriger arbeiten, wodurch es zu diesen Überlappungen kommen kann. Gefühlt kommt es aber auch auf den Film an. Bei meinem Standard-Portrait Film Fuji Pro 400H kommt es regelmäßig zu Bildüberschneidungen, während der Portra 400 sauber durchgezogen wird.

Nagut, und vielleicht ist sie mit ihrem Kampfgewicht von etwa 2 kg nicht gerade der einfachste Reisebegleiter…

Die wunderbare Dani von Candeeland hat sie mir überlassen.
Ich plante gerade meine ersten Portrait-Versuche und überlegte, welche Kamera ich dafür nehmen sollte, als sie ihren Kamera-Schrank ausmistete und das Schmuckstück auf einem Online-Flohmarkt anbot. Monatsende? Egal! Ich musste einfach zuschlagen. Und es hat sich so gelohnt. Danke, liebe Dani – ich halte sie in Ehren 😉

Zum Schluss

Das Standard-Objektiv ist toll, aber dank des P6 Bajonett-Anschlusses passen auch die beeindruckenden Objektive der Pentacon Six – probiert sie bei Gelegenheit mal aus.

Die Kiev hat keinen – für uns heute Standard – 1/4-Stativanschluss. Wenn ihr sie mit einem herkömmlichen Stativ verwenden wollt (beachtet das Gewicht), benötigt ihr einen 1/4 auf 3/8 Adapter (z.B. diesen hier von Manfrotto, Affiliate Link).

In dem Auslöseknopf befindet sich ein Anschluss für einen Drahtauslöser.

Um die Kamera zum Filmeinlegen zu öffnen, müssen nicht nur die Schrauben auf der Unterseite herausgezogen und gedreht werden, sondern zusätzlich auch der Hebel nebenan hineingedrückt und nach vorne geschoben werden.

Wenn ihr den Film einlegt, sollte die ‚Start‘-Markierung auf dem Filmpapier unbedingt auf einer Linie mit dem roten Punkt in der Kamera sein.

Wenn ihr den Lichtschacht-Aufsatz verwendet, empfehle ich einen externen Lichtmesser.

… alle klassisch Analogen, denen ein paar Kilo mehr auf den Armen nichts ausmacht.

Für alle, die eine Mittelformatkamera für den Einstieg in die analoge Portraitfotografie suchen.

Für alle, die in der Fotografie keine Statussymbole brauchen.

Für alle, die beim Fotografieren auffallen möchten (oder denen es zumindest nichts ausmacht).

Für alle Tiefenunschärfe-Fans und Bokeh-Anhänger.

Für alle Freunde der Slow Photography, die sich gerne viel Zeit für ein einziges Bild nehmen.

Für alle analogen Liebhaber, die mit ihrer Kamera Geschichten erzählen möchten.

Für alle, die auf der Suche nach einer besonderen Kamera sind.

Überraschend! Gewaltig! Schön!

Alle Bilder, die ihr hier seht, wurden mit meiner Kiev 60 auf unterschiedlichen Mittelformatfilmen (120) aufgenommen.

Die meisten davon wurden ’normal‘ entwickelt. Die Bilder in der unteren Reihe wurden bis auf die beiden Redscale-Fotos gecrosst (X-Pro).

Die meisten meiner Kiev-Filme, vor allem die Portrait-Filme, habe ich bei MeinFilmLab entwickeln und scannen lassen.

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